Gewollte Verletzbarkeit und die unsichtbare Bedrohung

Gewollte Verletzbarkeit und die unsichtbare Bedrohung

Es ist lange gut gegangen. Um genau zu sein, seit 8.September - Schulbeginn - stand der Fahrradanhänger “PopUp Klimacamp” in der Hallstraße. Ein zugänglicher Satz an Demomaterial, verpackt in einer kreativen Konstruktion, die Gebrauch macht von Freiheiten der Straßenverkehrsordnung, die man in unserer autodominierten Zeit nicht vermuten würde. Fahrradanhänger dürfen nämlich überall geparkt werden, wo auch Fahrräder abgestellt werden dürfen - das Fahrrad muss lediglich mit dabei sein. Die FDP in der Ampel - die sich ja laut behauptet für Bürokratieabbau einzustehen - scheiterte an der Regulierung von Fahrradanhängern, weil die damit verbundenen Kosten den Nutzen weit in den Schatten stellen würden. Es haben also auch Handwägen und Fahrradanhänger eine Daseinsberechtigung im Platz unserer Städte.

Not macht erfinderisch - denn eigentlich wollten wir unsere Materialien zugänglich für alle in einem Raum für Klimagerechtigkeit oder einer gesicherten Box auf einem Parkplatz lagern. Beides wurde uns von der Stadt verwehrt. So ergab es sich, dass der friedliche und feierliche Protest, der Schülern in der Hallstraße einmal die Woche einen Pausehof auf der Straße beschert, vulnerabel war. Obwohl mit wenig roher Gewalt das Gespann in wenigen Minuten komplett hätte verwüstet werden können, ereignete sich nur Vandalismus in kleinerem Ausmaß. Ein Blumentopf mit einem kleinen Himbeerstrauch wurde entwendet. Ein anderes mal wurde mit beträchtlicher Gewalt ein Blumenkasten aus seiner Halterung geschlagen. Die angebrachte Mappe mit dem Magazin “Haltet Augsburg Schräg” verschwand. Einmal war die Box vom Boden gelöst und lag auf der Straße.

Am Freitag dem 31.1. dann verschwand das Ensemble aus Amphore, Blumentopf, Fahrrad und Fahrradanhänger, Klappstühlen und allem was sich in der abschließbaren Box befand. Bodenbanner, Stickerbox, Straßenkreide, Sticker. Gesamtwert von etwa 300 Euro. Tatsächlich handelt es sich um eine Einzelanfertigung, ein Orginal, das es nicht wieder geben kann. Zeuge von einem drittel Jahr Protestkultur. Die Stickerbox - mehr eine von Stickern zusammengehaltene Box - noch aus dem Klimacamp auf dem Rathausplatz ist emotional der größte Verlust. Monetär sind die Bodenbanner mit je um die 80 Euro Kaufpreis am teuersten zu ersetzen - auch sie stammen noch aus dem Klimacamp am Rathausplatz.

Somit verschwindet und bricht eine Kontinuität - würden wir uns darauf einlassen. Der Ersatz ist mit Zeit und Kosten verbunden, die wiederum limitierende Faktoren sind. Wer ist schon bereit, in aktivistische Strukturen zu investieren, die aufgrund mangelnder Kooperation von Seiten der Stadt ungeschützt im Öffentlichen Raum stehen und, wie jetzt geschehen, jederzeit anonym gestohlen werden können?

Wer lässt so etwas professionell verschwinden?

Die Kette mit der der Fahrradanhänger gesichert war scheint durchgeflext worden zu sein. Jedes der Einzelteile ist verschwunden - dazu benötigt man eine organisierte Gruppe oder ein größeres Fahrzeug, etwa einen Lieferwagen, und mindestens zwei Personen zum aufladen. So eine Aktion muss wohl überlegt sein - vorbereitet und mit dem entsprechenden Vorsatz.

Sie schürt Misstrauen - war das der Passant, der angab zwei Straßen weiter zu wohnen und der beteuerte der für ein paar Stunden am Freitag nicht von einem Auto sondern von Demonstranten belegte Parkplatz würde ihn so einschränken. Jedenfalls scheint unser Ensemble einen Nerv getroffen zu haben. Einen Nerv von Personen, die lieber im Schutz der Anonymität operieren, als für ihr Anliegen in demokratischem Dialog einzustehen.

Das Beseitigen von Klimaprotest aus dem öffentlichen Raum hat eine klar politische Dimension - insbesondere in der Zeit vor dem Wahlkampf, in der die Gemüter heiß laufen.

Da liegt es nahe, dass ein durchgeflextes Kettenglied ein Zeichen ist, dass eine organisierte Gruppe, die nicht sichtbar ist zeigt, dass sie erhebliche kriminelle Energie aufbringt um friedliche, kreative Demonstration zu behindern und zu bedrohen.

Dieses Kalkül wird nicht aufgehen. Wir werden präsent sein, auf die Fakten des Klimawandels hinweisen und weiterhin für eine Mobilitätswende einstehen, die sozial gerecht bedarfsadaptierte und sichere Mobilität für alle bereitstellt, anstatt einseitig motorisierten Individualverkehr zu bevorzugen.

Wir lassen uns nicht einschüchtern. Wir werden nicht von unserem bunten, friedlichen und feierlichen Protest abrücken – uns nicht im Anbetracht der feigen Gewalt radikalisieren.

Besucht uns nächstes Wochenende 8.2 ab 16 Uhr bis 9.2. 15 Uhr auf dem Rathausplatz - unterstützt uns gerne!